Kinderheilstätte Hohenlychen

Als Folge der in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts entwickelten Behandlung der Tuberkulose, die viel Sonnenlicht, saubere Luft, eine ausgewogene Ernährung und ausreichend Bewegung voraussetzte, entstanden zunächst Privatsanatorien für wohlhabende Patienten. Von der Krankheit betroffen war aber vor allem ein erheblicher Teil der Arbeiterschaft. Deshalb sahen sich die in den 1890er Jahren nach der Verabschiedung der ersten Sozialgesetzgebung entstehenden Landesversicherungsanstalten in der Pflicht, in größerer Zahl Heilstätten zu errichten. In den Jahren 1898 bis 1904 herrschte ein regelrechter Bauboom – allein in Preußen wurden 49 Heilstätten neu gebaut und bestehende erweitert.[1]

1902 erwarb Gotthold Pannwitz, der Gründer des Zentralkomitees zur Errichtung von Heilstätten für Lungenkranke, für den Volksheilstättenverein des Deutschen Roten Kreuzes rund ein Hektar Land von der Stadt Lychen. Der Heilbetrieb fand zunächst versuchsweise für drei Monate im Sommer statt. Es wurden zwei Baracken aufgestellt, in denen 16 Mädchen und 16 Jungen untergebracht werden konnten. Hinzu kam eine Wirtschaftsbaracke. Die Mahlzeiten wurden 1902 im nahegelegenen Gasthof „Schützenhaus“ eingenommen, ab dem Sommer 1903 gab es bereits ein eigenes Speisehaus mit Küche auf dem Gelände.[2]

Nachdem die Stadt nach anfänglichem Widerstand einer Erweiterung des Geländes um weitere zwei Hektar zugestimmt hatte, wurden im Jahr 1903 die ersten massiven Gebäude zur Aufnahme von 60 Kindern errichtet. Im Oktober wurde das Mädchenhaus für 20 Patientinnen eröffnet. Der bauliche Entwurf für die Heilanstalten stammte von den Architekten Paul Hakenholzund Paul Brandes. Das Anstaltsgelände umfasste schließlich insgesamt eine Fläche von fast 16 Hektar.

1904 wurde die Helenenkapelle von Heinrich Venn gestiftet.[3] 1905 trat ein weiterer Verein dem Projekt bei und errichtete bis 1907 das für 90 Kinder ausgelegte „Cecilienheim“, die erste Klinik in Preußen, die chirurgische und orthopädische Behandlungen für Kinder anbot. 1907 kam ein drittes Schlafgebäude für lungentuberkulöse Kinder hinzu, in das eine Badeanstalt integriert war.[2]

Die Anlage wurde laufend erweitert. Bis zur Mitte der 1920er Jahre wurden am Standort Hohenlychen 47 Gebäude errichtet. Die Heilstätte bestand aus 15 medizinischen Fachabteilungen, deren wichtigste die „Viktoria-Luise-Kinderheilstätte“ für tuberkulosekranke Kinder und das „Kaiserin-Auguste-Viktoria-Sanatorium“ für tuberkulosekranke Frauen waren. Daneben gab es u. a. das Kindererholungsheim „Waldfrieden“ für tuberkulosebedrohte Kinder, das „Werner-Krankenhaus“ für chirurgische Eingriffe, die Ferienkolonie am Zenssee für tuberkulosekranke Kinder und die „ländliche Kolonie Königin-Luise-Andenken“. Zur Anstalt gehörte ein kleiner Bauernhof und die staatlich anerkannte Krankenschwesternschule „Augusta-Helferinnen-Schule“. Der Heilstättenverein betrieb ab Januar 1910 auch ein eigenes Kurhotel in der Nähe des Lychener Bahnhofs.[2]

Während des Ersten Weltkriegs wurden die Heilanstalten als Lazarett genutzt. Nach 1918 blieben die großzügigen Spenden der Vorkriegszeit aus. Die einsetzende Inflation erschwerte die finanzielle Lage zusätzlich. Die ländliche Kolonie und die Fortbildungsschulen mussten schließen. Zwischen 1924 und 1927 gab es noch einen kurzen Aufschwung, da in Vorbereitung des 25-jährigen Jubiläums Renovierungsarbeiten mit Geldern mehrerer Ministerien und des Roten Kreuzes durchgeführt werden konnten. In dieser Zeit erlangte Hohenlychen weltweite Bedeutung, vor allem hinsichtlich besonderer Erfolge in der orthopädischen und chirurgischen Behandlung der Knochen- und Gelenktuberkulose. 1927 tagte die Hygienekommission des Völkerbundes in der Heilstätte. Zwei Jahre später musste aber auch das Kindererholungsheim „Waldfrieden“ aus wirtschaftlichen Gründen schließen.[2]

(Quelle: Wikipedia)

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